Epidemie in Deutschland – wären wir vorbereitet?

14. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik warnt vor Infektionsrisiken

Menschen sind mobil – Mikroorganismen und Viren auch. Die globale Mobilität eröffnet für Infektionskrankheiten bis hin zur Pandemie ideale Ausbreitungsmöglichkeiten. Keime und Resistenzen sind eine große Heraus­forderung für das Gesundheitswesen.

Wie begegnen wir den Risiken für Infektionen unserer Zeit? Mit dieser Frage hat sich der 14. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik beschäftigt. Dabei zeigte sich: Infektionskrankheiten, eine Epidemie oder Pandemie sind nicht vermeidbar – mit den richtigen Strategien, ausreichenden Mitteln und konsequenter Umsetzung aber zumeist beherrschbar. So weit ist Deutschland nicht. Bei einer deutschlandweiten Epidemie oder weltweiten Pandemie wird es aus Sicht des RKI-Präsidenten eng.

Referenten

Was kostet eine Epidemie?

Die Ausbreitung der SARS-Erreger vor zehn Jahren, der EHEC/HUS-Ausbruch 2011 oder die Expansion des H5N1-Virus zeigen: Deutschland ist anfällig für neue Erreger. Auch aus wirtschaftlicher Sicht: Die Kosten für den EHEC-Ausbruch lagen bei 1,6 Mrd. Euro. Zudem führen die jährlich rund vier Mio. nosokomialen Infektionen in Europa zu 37.000 Todesfällen und bedeuten 16 Mio. zusätzliche Krankenhaustage. Strategie und Aufklärung zum Thema Infektionskrankheiten sind aus Expertensicht das A und O als Schutz vor einer Epidemie. Dazu gehört der verantwortungsbewusste Einsatz von Antibiotika in allen Bereichen. „Jede Erreger-Resistenz ist direkt assoziiert mit einer Antibiotikagabe“, so Prof. Frank. Er begrüßt die vom RKI initiierte Erfassung der Antibiotikaverbräuche in den Kliniken. Weiterhin seien die Implementierung von Hygienestrategien und der flächendeckende Einsatz spezialisierter Infektiologen zum Schutz vor einer Epidemie unerlässlich.

Deutschland nicht ausreichend vor einer Epidemie geschützt

Zwar geht auch in Deutschland die MRSA-Rate leicht zurück, das gilt allerdings längst nicht für alle Problemkeime. Insgesamt reicht das Bewusstsein für einen effektiven Infektionsschutz in der Bevölkerung und auch in Fachkreisen noch lange nicht aus. Prof. Burger: „Es ist kein Ruhmesblatt für Deutschland, dass uns die Ausrottung von Masern im Gegensatz zu anderen Ländern nicht gelingt.“ Gründe sieht er in der ideologischen Beeinflussung gegen eine Durchimpfung – und das trotz hoher wissenschaftlicher Evidenz. Schutz vor der Pandemie? Fehlanzeige.

Auch die drastisch gesenkte personelle und finanzielle Ausstattung der Gesundheitsämter und das mangelnde Zusammenwirken der Stellen tun ihr Übriges. In Deutschland mangelt es außerdem in anderen wichtigen Bereichen an Aufklärungs­konzepten. Dass diese mangelnde Zusammenarbeit und fehlverstandene Kommunikation die Eindämmung von Infektionskrankheiten und Epidemien dramatisch behindern, zeigt Prof. Feldmeier am Beispiel des verbreiteten Kopflausbefalls: Vorurteile, Scham und schlechte Zusammenarbeit zwischen Institutionen und Eltern erschweren die an sich einfache Bekämpfung einer in Deutschland einst ausgerottet geglaubten Infektionskrankheit. So hat die Epidemie leichtes Spiel.

Flyer zur Veranstaltung

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